EMF 2016 in Montreux

Das vergangene Wochenende vom 11. und 12. Juni war nicht nur bei den Mitgliedern der Stadtmusik Winterthur seit über einem Jahr dick in der persönlichen Agenda eingeschrieben. Auch etwa 200 weitere Musikvereine reisten in die Metropole des Jazz. Eine intensive Probephase fand am Samstag mit der Teilnahme am Wettspiel in der 1. Stärkeklasse seinen abschliessenden Höhepunkt.

Punkt 6:00 Uhr verliess der Vereinsbus die vertraute Heimatstadt und nahm Kurs auf Montreux. Die letzten knapp drei Stunden Ruhe vor dem Wettbewerb wurden meist individuell zur mentalen oder physischen Vorbereitung (Schlaf) auf den musikalischen Auftritt genutzt.

Beim Bezug des Instrumentendepots wurde der Vereinszusammenhalt das erste Mal auf die Probe gestellt. Standen dem 60-köpfigen Corps doch geräumige 15 m2 Fläche für Instrumente, Uniformen und persönliche Gegenstände zur Verfügung.

Endlich durften unsere Instrumente den Ernstfall ein letztes Mal proben und wurden im Einspiellokal in die Feinstimmung gebracht. Nur kurze Zeit später befanden wir uns vor der berühmten Miles Davis Hall unter einem schützenden Regendach und freuten uns auf den bevorstehenden Auftritt.

Dann ging es schnell - fast zu schnell. Denn nach 45 Minuten voller Konzentration, maximalem Einsatz und genussvollen musikalischen Momenten war unsere Darbietung vorbei und wir erhielten sechs Zahlen von der Jury, mit welchen wir den Raum wieder verliessen. Zu diesem Zeitpunkt war es unmöglich eine Einschätzung abzugeben, aber der Dirigent Fredi Olbrecht und auch wir Musikerinnen und Musiker waren zufrieden, denn wir hatten soeben zwei ausdrucksstarke und klangvolle Versionen der beiden Stücke La Corrida de Toros und Zenith of the Maya abgeliefert, wie wir es uns als Ziel gesetzt hatten.

Für die Mittagspause meinte es Petrus nicht gut mit uns und liess die schöne Seepromenade des Genfersees mit einem schimmernden Nass überziehen, was von den Anti-Marschmusik-Fans unseres Vereins mit einem süffisanten Lächeln zur Kenntnis genommen wurde.

Aber: pünktlich zu unserem Autritt auf der Grand Rue liessen die Tropfen nach, so dass wir die neu einstudierten Abläufe der Parademusik zum Marsch Piotta von Franco Cesarini unter Beweis stellen durften. Die neue Form des Anhaltens auf der Marschmusik wurde von den zahlreichen Zuschauern im Festzelt lautstark mitkommentiert und endete nicht selten unter grossem Beifall und Gelächter, weil jemand vergass rechtzeitig den linken Fuss zum Rechten hinzuzustellen.

Nun stand der gesellige Teil unserer Reise auf dem Programm. Beim gemeinsamen Abendessen wurde auf die gelungenen Darbietungen angestossen oder über die teilweise merkwürdige Punkteverteilung der Jury gerätselt. Schliesslich mussten wir zu diesem Zeitpunkt anerkennen, dass unsere erreichten Punktzahlen nicht unseren Erwartungen entsprachen und damit eine Platzierung im hinteren Drittel des Teilnehmerfeldes resultierte.

Es spricht für unseren Spirit im Verein, dass wir uns von dieser Enttäuschung abwenden und am Abend ein berauschendes Fest in Montreux geniessen konnten. Bis in die Morgenstunden wurde das gemeinsame Erlebnis feuchtfröhlich gefeiert, bis schliesslich auch das allerletzte Vereinsmitglied sein Nachtlager in einem noblen Hotelbett, dem Massenlager oder im Freien gefunden hatte.

Der Sonntag stand ganz im Zeichen hochstehender Blasmusik. Im Auditorium Strawinsky führten Höchstklassvereine ihre anspruchsvollen Musikstücke auf und liessen manch einen in unseren Reihen über die perfekte Intonation und die Leichtigkeit bei technischen Höchstschwierigkeiten staunen oder über die willkürliche und konzeptlose Anhäufung von Tönen, Geräuschen und Klängen der Komponisten den Kopf schütteln.

Gestärkt nach Bratwürsten oder Nutella-Crèpes traten wir wiederum nach einem ambitionierten 7-Minuten-Time-Slot zur Beladung des Reisecars die Heimreise an. Im Gepäck hatten wir die sechs Bewertungen und bekritzelten Partituren der Juroren, welchen wir natürlich nochmals unsere Aufmerksamkeit schenkten, um erste Erkenntnisse zu gewinnen. Die Wichtigste soll hier erwähnt sein: Die aktuelle Stadtmusik Winterthur zeichnet sich durch ambitioniertes, ausdrucksstarkes Musizieren und einen einzigartigen Zusammenhalt innerhalb des Vereins aus!

Mit diesen Eindrücken verabschiedeten wir uns vom nationalen Grossanlass in Montreux mit dem Ausblick auf den Städtischen Musiktag in Winterthur vom kommenden Wochenende.

Bericht: Peter Huber

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